Mahngang von St. Ludwig aus mit Mahnwache auf dem Stadtkirchplatz
Zum zweiten Mal hatte die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) Darmstadt zu einem Mahngang mit anschließender Mahnwache gegen Antisemitismus eingeladen. Bei anhaltendem Schneeregen nahmen rund 90 Personen teil. Bereits am vorigen Montag hatte die GCJZ unter dem Titel „Stop Antisemitismus“ zu Mahngang und Mahnwache aufgerufen, hier nahmen nach Polizeiangaben rund 250 Menschen teil.
Im Anschluss an das Ökumenische Friedensgebet in der katholischen Innenstadtkirche St. Ludwig begann der Mahngang hier wieder auf dem Vorplatz. Die evangelische Vorsitzende der GCJZ, Ulrike Schmidt-Hesse, und Bernd Lülsdorf, katholischer Vorsitzender der GCJZ, begrüßten die Teilnehmenden. „Wir freuen uns, dass in den vergangenen Tagen Geiseln freigelassen wurden“, so die Pfarrerin in Ruhestand und frühere Dekanin, „wir begrüßen es, dass die Feuerpause humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung ermöglicht und hoffen, dass auch alle anderen entführten Menschen schnellstmöglich freikommen.“ Mit einer Initiative, die kurz vorher zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus auf den Luisenplatz eingeladen hatte, sei die GCJZ in Kontakt, berichtete Bernd Lülsdorf.
Die GCJZ sei in großer Sorge, weil die Judenfeindschaft in vielen Ländern, auch in Deutschland zunehme. „Dem wollen wir deutlich entgegentreten“, so Ulrike Schmidt-Hesse, „Jüdinnen und Juden sollen hier leben und ihren Glauben praktizieren können ohne Angst.“ Bernd Lülsdorf proklamierte wie etwa auf den Schildern für den Mahngang geschrieben: „Stop Antisemitismus, Solidarität mit Jüdinnen und Juden“, „Für die Werte des Grundgesetzes“, „Für Jüdisches Leben in Deutschland“. Dann lud er ein, sich dem Mahngang durch die Stadt „in angemessener Weise“ zum Stadtkirchplatz anzuschließen. Die Teilnehmenden konnten Plakate und Kerzen zum Mahngang mitnehmen, die die GCJZ zur Verfügung gestellt hatte. Vorweg liefen Ulrike Schmidt-Hesse und Bernd Lülsdorf mit dem Banner „STOP Antisemitismus“.
Das Evangelische Dekanat Darmstadt unterstützt die Aktion, an der auch Ulrike Hofmann, Pfarrerin für Ökumene und Interreligiösen Dialog im Dekanat, teilnahm. Auch viele Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche und der Freikirchen waren dabei, wie auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), Pastor Michael Mainka. Am Stadtkirchplatz dankte Ulrike Schmidt-Hesse allen, die gekommen waren, „um als Mitglieder der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, verschiedener christlicher Kirchen und Gemeinschaften, der jüdischen Gemeinde, muslimischer Gemeinden, als Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Region zu zeigen: ‚Wir stellen uns gemeinsam dem Antisemitismus entgegen.‘“
Es dürfe nicht dazu kommen, dass Jüdinnen und Juden beleidigt, bedroht und angegriffen werden und niemand greife ein. Bernd Lülsdorf wies hier auf das Grundgesetz, Artikel 3, hin: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Ulrike Schmidt-Hesse ergänzte Artikel 4: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Dies gelte es umzusetzen am Arbeitsplatz, in der Schule, im Bus, im Verein, in der Nachbarschaft. Nach christlichem Verständnis sei Antisemitismus eine Sünde gegen Gott und die Menschen. „Es kommt auf jede, auf jeden von uns an“, so Schmidt-Hesse, „lassen Sie uns Antisemitismus widerstehen und Diskriminierung, Hass und Gewalt entgegentreten – jeden Tag.“
Anschließend lud Bernd Lülsdorf zu einer Schweigeminute ein. „Lassen Sie uns die Opfer des Massakers vom 7. Oktober und die Menschen, die noch in Geiselhaft sind, nicht vergessen. Lassen Sie uns einstehen gegen Judenfeindschaft. Lassen Sie uns hoffen und arbeiten für eine politische Lösung des Nahostkonflikts“, so die Veranstalter. Sie luden anschließend noch zu Gesprächen ein. Die GCJZ plant weitere Aktivitäten gegen Antisemitismus, die sie zeitnah bekannt geben wird.